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Grußwort des Botschafters in deutscher Übersetzung

Liebe Finnischlernende und -lehrende,

das finnische Volk ist laut dem jährlichen World Happiness Report bereits zum achten Mal in Folge das glücklichste der Welt. Für uns Finnen ist dies jedes Jahr eine ebenso überraschende Nachricht. Als Gründe dafür wurden das gegenseitige Vertrauen der Finnen, das Bildungssystem, die Korruptionsfreiheit, die Funktionsfähigkeit und Sicherheit der Gesellschaft, technische Innovationen oder sogar die Sauna genannt.

Könnte der Grund für unser Glück jedoch auch die finnische Pragmatik und Flexibilität oder die sozialen Unterstützungsnetzwerke und flachen Hierarchien sein? Wir haben begonnen, von der Architektur des Glücks zu sprechen.

Vielleicht treffen die eben genannten Gründe zu. Aber könnte der Schlüssel zum Glück auch die finnische Sprache sein? Macht das Erlernen der finnischen Sprache einen Menschen glücklich? Das können Sie vielleicht am besten selbst beantworten.

Der Unterschied zwischen Akkusativ und Partitiv ist für Nicht-Muttersprachler eine ewige Herausforderung. Oder auch der Ablativ oder Komitativ. Ganz zu schweigen von den Satzentsprechungen. Diese Dinge können sehr herausfordernd, aber auch lohnend sein. Man lernt, Dinge auf ganz neue Weise zu betrachten. Der finnische Erfinder Linus Torvalds hat das Betriebssystem Linux entwickelt. Vielleicht kann die finnische Sprache wie ein zweites Betriebssystem in unserem Kopf fungieren. Mit seiner Hilfe können wir Dinge auf neue Weise und aus einer anderen Perspektive betrachten. Die finnische Sprache kann als Förderer der Kreativität dienen.

Sie, die Sie in Deutschland, Polen und Tschechien Finnisch lernen und unterrichten, sind Brückenbauer zwischen den Kulturen. Das ist für die finnische Gesellschaft und Kultur von großem Wert. Wir brauchen mehr Menschen, die die finnische Sprache und Kultur beherrschen.

Wir leben in schwierigen Zeiten in Europa, sowohl geopolitisch als auch wirtschaftlich. Die Herausforderungen sind groß, aber nicht unüberwindbar.

Das Thema der diesjährigen Herbstschule für Finnistik lautet „Traditionen in einem neuen Licht”.  In diesem Zusammenhang möchte ich zum Abschluss ein Gedicht aus Kanteletar, der Volksgedichtsammlung von Elias Lönnrot, vortragen. Es ist wie ein Gebet für den Fortbestand des Friedens. Es ist in einer sehr alten Sprache, dem Kareliendialekt, verfasst, und Sie werden vielleicht nicht alles verstehen, aber es ist ein sehr schönes Gedicht:

Bewahre uns, Gott, vor dem Kriege

Schütze uns, erhabener Schöpfer,
Gott des Himmels, o bewahr uns
vor der Rösser Kriegsgetrabe,
vor dem Huf der Schlachtengäule!

Schütze uns, erhabener Schöpfer,
Gott des Himmels, o bewahr uns
vor dem Feuer der Haubitze,
vor der blanken Waffen Spitze,
vor der Mündung der Kanone,
vor der Eisenröhre Rachen!

Schütze uns, erhabener Schöpfer,
Gott des Himmels, o bewahr uns,
schirm uns vor dem Schlachtgetümmel,
vor der hehren Helden Walstatt,
wo den Mann das Blei durchlöchert,
wo die Kugel ihn dahinrafft,
wo sein Kopf dem Tod geweiht ist,
wo sie das Genick ihm brechen,
wo sie ihn zu Boden strecken,
wo sie kalt ihn niedermachen.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Herbstschule der Fennistik in Greifswald und einen schönen Herbst.
(Botschafter der Republik Finnland, S.E. Kai Sauer)