Promovendin:
Franziska Sajdak
Arbeitsbereich:
Skandinavistische Literaturwissenschaft
Betreuer:
Prof. Dr. Joachim Schiedermair
Arbeitstitel: Grenzgänger. Jüdische Identität in zeitgenössischer skandinavischer Literatur
Abstract:
Jüdische Gemeinden etablierten sich in den skandinavischen Ländern bereits im 17. und 18. Jahrhundert durch die Einreise jüdischer Händler und wuchsen in den folgenden Jahrhunderten v.a. durch jüdische Migranten aus Osteuropa. Das Leben dieser religiösen und kulturellen Minderheit in den vom Protestantismus geprägten skandinavischen Gesellschaften zeichnete sich seitdem – abgesehen von der Zäsur, die die Zeit des Zweiten Weltkriegs darstellt – zumeist durch Assimilation und friedlichem Miteinander aus. In der Literatur und der literaturwissenschaftlichen Forschung spielte das Judentum in Skandinavien bisher hingegen nur eine untergeordnete Rolle und wenn, widmet sie sich vorrangig der Literatur des 18. und 19. Jahrhundert.
Seit Mitte der 1980er Jahre ist das Interesse an jüdischen Aspekten innerhalb der skandinavischen Geschichte und Kultur stark gewachsen, was sich u.a. in der Publikation einer Reihe neuer literarischer Texte mit Bezug auf jüdisches Leben in Schweden, Dänemark und Norwegen zeigt. Gemeinsam ist den Texten dabei die Thematisierung der Grenzüberschreitungen, die das Leben als Jude in Skandinavien erfordert. Dies betrifft kulturelle, religiöse und linguistische Grenzüberschreitungen, um Teil der skandinavischen Gesellschaften zu werden, aber auch temporale Grenzgänge als Erbe der jüdischen Diaspora und Nachkommen des Holocausts. Durch die Verhandlung und Repräsentation einer Grenzgänger-Identität hinterfragen diese Texte identitätsstabilisierende Konzepte wie Heimat, Erinnerung oder Glauben und gestalten sie neu.
In meinem Dissertationsprojekt möchte ich anhand ausgewählter literarischer Texte der letzten 30 Jahre diese unterschiedlichen Formen von Grenzüberschreitung und ihren Einfluss auf die Konstruktion einer skandinavisch-jüdischen Identität über Grenzen hinweg untersuchen. Dabei soll zum einen die individuelle erzählte Identitätskonstruktion und zum anderen die kollektive Funktion – gerade für ein nicht-jüdisches Leserpublikum – solcher narrativen Konstrukte betrachtet werden.